Interessengemeinschaft Asperger Weingärtner e.V.

Aus der Geschichte des Weinbaus in Asperg

von Wolfram Berner
Auszug aus einem Aufsatz von Wolfram Berner, erschienen in den Ludwigsburger Geschichtsblättern Band 73/2019 unter dem Titel „Aus der Geschichte des Weinbaus in Asperg“.

Erster Wein ab 819 aus Asperg für das Kloster Weißenburg?

Der Weinbau an den Hängen des Aspergs findet zwar in der ersten urkundlichen Erwähnung von 819 keinen Niederschlag. Doch man darf mit einigem Recht davon ausgehen, dass die vier Abhängigen, welche in der Urkunde vom weltlichen Herrscher Gozbert an das Kloster Weißenburg im Elsass übergeben wurden, bäuerliche Bewirtschaftungsaufgaben in Asperg verrichteten. Somit weist der Weinbau in Asperg eine 1200-jährige Tradition auf. Denn „Weinberge bearbeiten“ war eine der Aufgaben der „Klosterzinser“ in Asperg (Assesberc). Dies geht aus dem Güterverzeichnis, das der Weißenburger Abt Edelin im 13. Jahrhundert anlegen ließ, eindeutig hervor. Das Kloster verfügte demnach seit der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts in Asperg neben weiteren Gütern und Einkünften über einen „Weinberg mit einem Ertrag von zwei Karren“. Mit Karren waren Fuhren, also Wagenladungen, gemeint.

Zwei Fuhren Wein aus Asperg

In Württemberg war die Fuhre eine Maßeinheit, welche um die 1761 Liter ergab. Der erste erwähnte Weinberg am Hohenasperg erbrachte dem Kloster Weißenburg somit einen Ertrag von rund 3500 Litern. Weitere Abgaben an das Kloster Weißenburg kamen aus dem Bönnigheimer Stadtteil Hofen in Höhe von vier Fuhren Wein. Die Terrassierung der Weinberge des Gipskeupers mit seinem tonigen Lehm am Asperg ist ab dem Jahr 1181 schriftlich nachgewiesen.

Die Entwicklung des Weinbaus am Hohenasperg

Nachdem zu Beginn des 16. Jahrhunderts der Weinbau im württembergischen Kernland des mittleren Neckartals seine größte Ausdehnung erfahren hatte, wurde auch der Weinbau um den Hohenasperg großflächig betrieben. Verwüstungen durch kriegerische Auseinandersetzungen um und am Berg machten sich neben dem Bevölkerungsrückgang auch im rückläufigen Weinbau bemerkbar. So werden beispielsweise in der von Albrecht Dürer skizzierten Radierung über die Belagerung des Hohenaspergs durch den Schwäbischen Bund im Jahr 1519 nur sehr schemenhaft leere Weinstöcke dargestellt. Auch die Verwüstungen durch französische Truppen 1693 während des Pfälzischen Erbfolgekrieges hinterließen deutliche Spuren in der Stadt und an den Rebhängen.

Postkarte um 1900

Ausschnitt aus einer Postkarte um 1900 mit einem kolorierten Nachdruck des Kupferstichs „Aschberg“ von Daniel Meisner von 1623. Quelle: Slg. Kreisarchiv Ludwigsburg

Aber auch klimatische Extreme ließen die Erträge in manchen Jahren massiv einbrechen. Schon für 1311 wurde vermerkt, dass Wein, Korn und andere Früchte durch starken Frost erfroren waren. Der Winter im Jahr 1572 soll so kalt gewesen sein, dass in der Christmette der Wein im Kelch eingefroren war. 1799 war von einer „fatalen Sommerwitterung“ die Rede, welche die Erträge deutlich reduzierte. Auf Grund von Hagelschäden wurde 1816 den Asperger Weinbauern von Amts wegen ein Steuernachlass von 691 Gulden eingeräumt. Dass sich der Weinbau nach solchen schicksalshaften Ereignissen auch immer wieder erholte, davon zeugt unter anderem ein Tagebucheintrag von 1784 über Asperger Wein im Stuttgarter Keller. Denn Gottfried Tobias Ritter, ein Stuttgarter Handelsmann und späterer Lehrer an der Hohen Karlsschule in Stuttgart, vermerkte am 3. Januar in seinen Aufzeichnungen:

„Nachmittags kam Hofkaplan Schluß zu [Hofkaplan] Baader. Sie blieben auf dem Comptoir [Kontor] beieinander  ̶ ich musste zu trinken holen  ̶ einen Krug von seinem eigenen Wein. Nachdem dieser gar war, langte ich eine Kanne von meinem Asperger.“

Eine Kelter für die Weinberge

Über eine Asperger Kelter wird erstmals im Jahr 1390 im Besitzrechtverzeichnis der Grundherrschaft des württembergischen Grafen Eberhard II, „der Greiner“ genannt, berichtet. Die Kelter besaß demnach zwei Kelterbäume.

Das Lagerbuch von 1565 berichtet ausführlicher über eine eigene Kelter am heutigen Standort mit fünf Bäumen und zugehörigem Kelterplatz neben der Zehntscheuer. Das notwendige Brennholz für den Herbst kam aus den herrschaftlichen Wäldern und Keltermeister sowie Zimmerleute wurden von der Herrschaft bestimmt. Es wurde der Zwing und Bann angeordnet, dass alle „Weingarten“ in Asperg in dieser Kelter ihren Wein verarbeiten lassen mussten. Der 30. Teil des Weinertrages war an die Herrschaft abzugeben.

1634/35, noch während des Dreißigjähren Krieges, wurde die Kelter ebenso wie ein Großteil der Wohngebäude und Scheuern zerstört. Erst 1652 wird die Wiedererrichtung einer Kelter in einfachster Bauform schriftlich vermerkt. Die Kellerei verzeichnet im Jahr 1733 nun sechs Kelterbäume und einen großen Platz dabei.

Per Vertrag mit der Finanzkammer des Neckarkreises ging die Kelter 1827 in den Besitz der Stadt Asperg über. Sie war damals mit sieben Bäumen, einer Trotte und zwei Kelterstübchen ausgestattet. Erst 1927 sollte eine hydraulische Presse die letzten beiden vorhandenen Kelterbäume ersetzen. Eine Wärmestube für Notleidende wurde in Folge der Wirtschaftskrise in der Kelter in den 1930er Jahren eingerichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte unter anderem das Deutsche Rote Kreuz für ihre Zwecke einige Räumlichkeiten in der Kelter.

Farblithographie des Hohenaspergs mit Weinberghäuschen und Weinreben

Farblithographie des Hohenaspergs mit Weinberghäuschen und Weinreben, gelaufen 1916. Quelle: Slg. Kreisarchiv Ludwigsburg

Die Asperger Weiberzeche

An diesem jährlich abgehaltenen Festtag wurde den Frauen in der damaligen von Männern bestimmten Gesellschaft eine öffentliche Aufmerksamkeit dargebracht, die sie das Jahr über entbehren mussten. Die ihnen nach altem Recht zustehende Zeche in Form von ausgewählten Speisen und dem „Weibertrunk“ in Form von Wein wurde von der Gemeinde auf deren Kosten im Rathaus ausgerichtet.

Die Weiberzeche wurde in der Regel an Fastnacht oder im Anschluss danach abgehalten. Zur Zeche berechtigt waren alle verheirateten und verwitweten Frauen des Ortes. Die Weiberzeche sollte als Geschenk für die Frauen angesehen werden. Auch als Belohnung für geleistete Fronarbeit wird sie gedeutet. In wirtschaftlich schlechten Jahren oder in Kriegszeiten neigte die Obrigkeit dazu, die Zeche ausfallen zu lassen.

Den bisher ältesten bekannten Hinweis auf eine Weiberzeche in der Region findet man in der Asperger Bürgermeisterrechnung des Jahres 1545/55. Dort heißt es, dass am Sonntag nach Fastnacht alle „Weiber“ all hier zusammengerufen und auf das Bürgerhaus geladen wurden, um Brot, Wein, Hering und andere Küchenspeise im Wert von über 8 Pfund zu essen. Zum Vergleich: 1554 wurden für die Pflege von 6 Morgen (1,89 Hektar) Ackerland in Asperg etwas über einem Pfund bezahlt.

Dieser bemerkenswerte Fund ist der ehrenamtlichen Asperger Stadtarchivarin Gertud Bolay zu verdanken. Über den Landkreis hinaus ist damit die Stadt um eine weitere Besonderheit reicher!

Die Art und Weise des Weinbaus in Asperg

Aus der Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg von 1859 erfährt man, dass der Weinbau in Asperg eine große Ausdehnung hat. Von der insgesamt 1800 Morgen umfassenden Gemarkung wurden fast 280 Morgen mit Weinbau kultiviert. Der Weinbau wurde „mit vieler Umsicht, etwa 3200 Stöcken auf den Morgen (3152 m2), in der gewöhnlichen Bauart des 2 Unterlandes betrieben; man pflanzt hauptsächlich Silvaner, Trollinger, weniger Elblinge und Gutedel, und erzielt einen ziemlich lagerhaften, guten Wein, meist sogenannten Schiller.“ Dabei belief sich der höchste Ertrag eines Morgens auf 12 Eimer (maximal 4417 Liter). Der Weinbau mit dem Absatz in die umliegende Region zählte neben dem Obst- und Ackerbau damals noch zu einem der wichtigsten Erwerbszweige der Bevölkerung.

Die erste Weingärtnergenossenschaft von 1854

Über Jahrhunderte hinweg war der Weinbau eine wichtige Lebensgrundlage für die Menschen in Asperg. So wurde 1854 auf Initiative des damaligen Schultheißen Weiss eine Art Weingärtnergenossenschaft gegründet. Dahinter stand der Gedanke der Weinverbesserung, um somit den Weinbau auf wirtschaftlich gesichertere Füße zu stellen und das Einkommen der Bevölkerung zu steigern. Asperg hatte somit für kommende sich zu gründende Weingärtnergenossenschaften die Vorreiterrolle inne. Sicher nicht ganz freiwillig erfolgte zum Jahreswechsel 1936/37 die Auflösung des Weingärtnervereins. Er wurde wie die anderen in die Fachschaft für Weinbau innerhalb des Reichnährstandes eingegliedert und nur noch durch einen Ortsfachwart vertreten. An eine selbständige Vereinsarbeit vor Ort war damit vorerst nicht mehr zu denken.

Ortsansicht von Asperg mit dem Hohenasperg auf einer Postkarte um 1900

Ortsansicht von Asperg mit dem Hohenasperg auf einer Postkarte um 1900. Quelle: Slg. Stadtarchiv Asperg

Die Interessensgemeinschaft der Asperger Weingärtner

Als die Stadtverwaltung im Sommer 1983 eine städtebauliche Umgestaltung des Kelterplatzes in ihre Planungen mit aufnahm, schlossen sich die bis dato lose miteinander verbundenen Weingärtner zur Vertretung ihrer Interessen zusammen. Die Gründungsversammlung der Interessensgemeinschaft Asperger Weingärtner wurde am 12. Juli 1984 im Gasthof Erlenhof vollzogen. Noch am selben Abend traten 40 Weingärtner der Interessensgemeinschaft bei, welche seit 1989 als Verein firmiert. Als erstes stellte sich die Aufgabe, die ursprüngliche Funktion des Kelterplatzes zu erhalten und somit den weiteren Betrieb der Kelter zu sichern. Damit begann die Erfolgsgeschichte zum Wohle des Asperger Weinbaus.

Ein Weinbaumuseum für Asperg

Ganz im Sinne der alten Weinbautradition begann man danach eine großangelegte Aktion zur Errichtung eines Weinbaumuseums in der Kelter. Viele alte Gerätschaften rund um den Weinbau konnten gesammelt und restauriert werden. Parallel dazu wurden die notwendigen Räume für das Museum mit einem Zeitaufwand von über 1320 ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden instand gesetzt. Die Mühe hat sich gelohnt. Weit über 450 Exponate beherbergt das Weinmuseum in der Kelterstraße 4 seit 1994 in den gepflegten Räumlichkeiten.

Die Pflege moderner und traditioneller Weinbauaspekte

Die Arbeitsschwerpunkte der Interessengemeinschaft Asperger Weingärtner e.V. liegt mittlerweile auf Themen wie dem umweltschonenden Weinbau und der Förderung des Steillagenweinbaus. Die Pflege der modernen Kellereitechnik mit vereinseigenen Keltermeistern sowie der Mitgliederschulung stehen dabei ebenso im Vordergrund. Im Zuge der Rebflurneuordnung mit flächendeckender Mauersanierung und partieller Querterrassierung am Hohenasperg begann man 2012 unter der Leitung des Weinbergschützenobmanns Martin Pfisterer eine zweijährige Sanierung des alten, stark in Mitleidenschaft gezogenen Weinbergschützenunterstandes. Das gut über hundert Jahre alte und in eine Weinbergmauer eingelassene Bauwerk erfuhr dabei eine Grundinstandsetzung mit 3 Kosten im unteren fünfstelligen Bereich und dem ehrenamtlichen Engagement von Mitgliedern der Weingärtner. Während der Herbstzeit können nun Traubendiebe und Stare von den mit Rätschen ausgerüsteten Weinbergschützen vom wiederhergestellten Unterstand aus ermahnt und vertrieben werden.

Das „Wengerter-Stüble“ und das „Asperger Weindörfle“

Es bleibt für die Zukunft zu hoffen, dass auch weiterhin gut 50 aktive und nochmal so viele passive Mitglieder des Vereins der Asperger Weingärtner für den Weinbau in der Stadt am gleichnamigen Berg sorgen. Für eine Weinprobe des Vereins steht das „Wengerter-Stüble“ mit seiner gut 250 Jahre alten Kelterbaumspindel aus Birnbaumholz nach Voranmeldung für Interessierte zur Verfügung. Oder man genießt seit 1994 auf dem alle zwei Jahre im Wechsel mit der „Kelterweinprobe“ an Christi Himmelfahrt stattfindenden „Asperger Weindörfle“ den lokalen Wein an jener Stelle, an welcher er gedeiht.

Der komplette Aufsatz von Wolfram Berner ist in den Ludwigsburger Geschichtsblättern Band 73/2019 unter dem Titel „Aus der Geschichte des Weinbaus in Asperg“ erschienen und kann über den Buchhandel oder direkt beim Verlag Ungeheuer + Ulmer in Ludwigsburg bezogen werden.

Interessengemeinschaft Asperger Weingärtner e.V. - 71679 Asperg